1. Teil Suffiziensstrategie vs.was eigentlich?

Siem Reap, Kambodscha
Siem Reap, Kambodscha

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Zum Eröffner meines roten (Blog)Fadens erkläre ich die Suffizienzstrategie.

Sie ist eng verbunden mit ihrer vielfältigen Mutter namens Nachhaltigkeit und hat in meinem Leben ab dem Jahre 2014 vermehrt Einzug gehalten.

 

Auslöser dafür war eine fünfmonatige Südamerika-Reise die mir sanft aber bestimmt die Augen geöffnet hat für das bewusste Sehen des Reichtums meiner Heimat und meines Lebens.

 

Dafür musste ich vorher Un-Sicherheit wahrhaft spüren in Form von Angst und Panik, um das selbstverständliche tägliche Sicherheitsgefühl meiner Heimat (endlich) dankbar schätzen zu lernen.

 

Ich sah das erste Mal bettelnde, schuhputzende und Drogen-nehmende Kinder und der alles entscheidende Moment war jener, als ein etwa 15-jähriger Junge meinen Rucksack neben mir wegstahl, und ich im Versuch ihn zurückzubekommen, mit einem Messer von seinem ebenso jungen Freund bedroht wurde.

 

Die Globalisierung stellte mir – ein Wohlstandsland repräsentierend – einen uruguaianischen Jungen – ein Entwicklungsland repräsentierend – vor und ich bin bis heute sehr froh über dieses beeindruckende Zusammentreffen.

Erst durch die unmittelbar darauf folgenden Gespräche darüber, in der WG in Buenos Aires, wo ich 3 Wochen lang lebte, wurde mir klar, dass so etwas dort an der Tagesordnung war und nur in meiner europäischen Wahrnehmung etwas „unvorstellbares“ passiert war.

Dort war es das nicht – auch wenn ich darüber gelesen hatte oder es im Fernsehen gesehen – ich musste es fühlen.

 

Doch es gibt immer zwei Seiten einer Medaille; so machte ich andererseits auch die Erfahrung, als Mitfahrer eines neu gewonnenen brasilianischen Freundes 19 Stunden non-stop gratis, quer durch Brasilien gefahren zu werden (jeglicher Versuch irgendwas zu zahlen wurde sofort vehement abgelehnt).

Und was mich immer wieder erstaunte war die allgemeine Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Bewohner der etwa 11Mio gigantischen Stadt Buenos Aires welche ich, im Vergleich dazu, vom kleinen Städtchen Wien so nicht kannte.

 

All dies musste ich sehen, spüren und erfahren um ansatzweise zu erkennen wie unterschiedlich der Wert eines Lebens, wie unterschiedlich Freiheit gemessen wird und dass ich das unfassbare Glück habe bereits privilegiert geboren worden zu sein.

Bis zu jenem Zeitpunkt war mir noch nicht klar, zu den reichsten 2% - 5% der Weltbevölkerung zu gehören, die mehr als 51% des weltweiten Vermögens besitzen!

 

Mein Leben scheint mehr wert zu sein als der Großteil anderer dieser Welt, da ich oder meine Familie die nötigen finanziellen Mitteln sowie Einfluss besitzen, mir im Falle von Krankheit oder Unfall auch fernab von zuhause eine Behandlung oder gar auch Heimtransport zu garantieren.

 

Meine Freiheit kann ich in größerem Ausmaß genießen als der Großteil der Erdbevölkerung aufgrund meines bereits sehr hohen Lebensstandards welcher mir einen größeren finanziellen Spielraum verleiht puncto Reisen. In Kombination mit meinem „goldenen Reisepass“ der das Ticket zu fast allen Ländern dieser Welt darstellt, beneiden mich viele, da es wiederum für den Großteil der Menschheit sehr schwer bis unmöglich ist außerhalb des eigenen Landes zu reisen.

 

Das Reisen zeigte mir eine für mich unfassbare Ungerechtigkeit auf, der ich anfänglich mit Schamgefühl begegnete, die sich dann in Trauer, Hilflosigkeit und Ohnmacht umwandelte.

Unsere Gastfamilie während 3tägiger Wanderung, Myanmar
Unsere Gastfamilie während 3tägiger Wanderung, Myanmar

Auf der bewussten Suche nach meinen Wertvorstellungen beeinflusst von meiner Kultur, Erziehung; schlussendlich auf der Suche nach meinem Sinn des Lebens stellte ich fest, dass es mich immer wieder in Entwicklungsländer zog und dort vielleicht der Schlüssel liegt:

Ich finde dort die Einfachheit, Offenheit, Flexibilität und Freude die ich im standardisierten, alles regulierten (vor allem nordeuropäischen Europa) oft vermisse. 

Doch wie bereits erwähnt gibt es immer zwei Seiten und so lernte ich die Vorteile meiner Heimat zu schätzen und nutzen und gleichzeitig verstärkt die Einfachheit zu suchen in Form von drastischer Reduktion meines Konsums, bzw. selektiven Konsums vor allem bei Kleidung, Lebensmittel und Elektrogeräten die oft stark mit der Ausbeutung unseres entwickelten Landes mit der der Entwicklungsländer zusammenhängt.

Ich bewegte mich in der Stadt  ausschließlich mit dem Rad fort, schränkte die Zeit, die ich den digitalen Medien widmete ein und erfuhr durch diesen Lebenswandel keine Einschränkung sondern Bereicherung.

Wie sich dieser Lebenswandel auf meine jetzige Reise auswirkt und welchen Herausforderungen ich mich bisher stellen musste, davon verrate ich dann mehr in Teil 2. Also bis bald.

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